29.11.1912 – 17.7.1941
Wilhelm Beckhaus wurde am 29. November 1912 in Reingsen im Kreis Iserlohn geboren, war evangelisch getauft und hatte eine Schwester; sein Vater starb kurz vor seiner Geburt. Er hatte bis zu seinem achten Lebensjahr keine Schule besucht, als er am 10. Oktober 1921 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Schwachsinn erheblichen Grades“ aufgenommen wurde.
In Eben-Ezer nahm er nicht am Unterricht in der Anstaltsschule teil und konnte auch nur in sehr eingeschränktem Maße beschäftigt werden; so wurde er etwa für Trägerdienste und für Handreichungen in der Mattenflechterei herangezogen, gelegentlich auch in der „Hofkolonne“ in der anstaltseigenen Landwirtschaft eingesetzt. In einem Bericht vom 12. Dezember 1935 heißt es: „Patient ist zur Arbeit nicht recht zu erziehen.“ Da der Anstaltsarzt die geistige Behinderung Wilhelms nicht als „Erbkrankheit“ beurteilte, stellte er keinen Antrag auf Sterilisation.
Am 8. April 1937 erfolgte die Verlegung von Wilhelm Beckhaus in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „mongoloide Idiotie“ und „ungeheilt“, wo er vier Jahre verbrachte. Eine erneute Verlegung fand am 27. Juni 1941 in die Zwischenanstalt Herborn statt. Er kann sich dort nur kurze Zeit aufgehalten haben, bevor er der Tötungsanstalt Hadamar übergeben wurde. Denn bereits am 17. Juli 1941 wurde er dort unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit im Alter von 28 Jahren ermordet.
Quellen: Verzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (AEE, Best. Bewohnerakten, Nr. 89); Aufnahmebuch Männer, Nr. 361 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 492 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); LWV-Archiv Kassel; Best. Opferdatenbanken: Opferliste 1941; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 102.
28.12.1914 – 3.1.1942
Friedrich Biernat wurde am 28. Dezember 1914 in Rauxel im Kreis Castrop-Rauxel geboren, war evangelisch getauft und litt seit seiner Geburt an einer „cerebralen Kinderlähmung“ und an einer „linksseitigen spastischen Lähmung“. Er soll die „Volksschule ein Jahr ohne Erfolg besucht“ haben, bevor er am 7. Juli 1922 im Alter von sieben Jahren in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „zerebrale Kinderlähmung mit Schwachsinn erheblichen Grades“ und „epileptische Anfälle“ aufgenommen wurde.
In Eben-Ezer besuchte er zwischen 1928 und 1931 die „Vorschule“ der Anstaltsschule, wo er zwar „ohne Erfolg“ am Unterricht teilgenommen hatte, der ihm aber sichtlich „Freude“ bereitet habe, so der Wortlaut im Schulbericht vom 14. April 1930. Ende März 1931 wurde er der anstaltseigenen „Knabenpflegestation“ übergeben, um im Mattenflechten unterwiesen zu werden; ein Jahr später wurde er auch bei „Hausreinigungsarbeiten“ eingesetzt, jedoch belasteten ihn häufig auftretende epileptische Anfälle, die erst zu Beginn der 1930er Jahre infolge des gezielten Einsatzes von Medikamenten deutlich verringert werden konnten. Wiederholte Bitten seiner Eltern um Urlaub ihres Sohnes bei ihnen zu Hause beantwortete der Anstaltsarzt abschlägig, weil er „tiefschwachsinnig, reizbar und ausserordentlich pflegebedürftig“ sei. Eine Sterilisation hielt der Arzt für nicht erforderlich.
Am 8. April 1937 wurde Friedrich Biernat mit 22 Jahren in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „Epilepsie, Idiotie“ und „ungeheilt“ verlegt. Dort verbrachte er vier Jahre, um dann am 31. Juli 1941 der Zwischenanstalt Eichberg übergeben zu werden. Dort hatte er nur noch fünf Monate gelebt, als er am 3. Januar 1942 im Alter von 25 Jahren offiziell an „Siechtum bei Schwachsinn und cerebraler Kinderlähmung“ verstarb.
Offenbar waren die Eltern über die Verlegung ihres Sohnes in die Anstalt Warstein Anfang April 1937 nicht informiert worden. Denn zu Beginn des Jahres 1938 wollten sie ihn in der Anstalt Eben-Ezer besuchen, trafen ihn dort aber nicht mehr an. Daraufhin beschwerten sie sich beim Oberpräsidenten der Provinz Westfalen in Münster, der seinerseits den Anstaltsleiter Eben-Ezers, den ehemaligen Missionar Heinrich Diehl, um nähere Auskünfte bat. Der Anstaltsleiter teilte dem Oberpräsidenten in seinem Antwortschreiben vom 14. Februar 1938 u. a. mit: „Im übrigen hielt ich es nicht für meine Pflicht, an alle 78 Familien und Verwandte die Verlegung der Pfleglinge nach Warstein bzw. Wittekindshof mitzuteilen. Meines Erachtens hätte die Benachrichtigung der Angehörigen von derjenigen Behörde aus geschehen müssen, auf deren Veranlassung die Verlegung stattgefunden hat.“
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 393 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 493 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 644; Sterbebuch Eichberg, Nr. 13.
6.3.1909 – 18.7.1941
Hedwig Degener wurde am 6. März 1909 auf Gut Taulensee in Ostpreußen geboren und war evangelisch getauft. Ihr Vater war bereits zu Beginn des Ersten Weltkrieges im Oktober 1914 gefallen, ihre Mutter lebte in Lütgendortmund. Bevor Hedwig im Alter von elf Jahren in der Einrichtung Eben-Ezer aufgenommen wurde, war sie im Juni 1917 für drei Wochen in der evangelischen Pflege- und Erziehungsanstalt für Schwachsinnige Wittekindshof bei Bad Oeynhausen untergebracht, sodann vorübergehend im Krüppelheim der evangelischen Anstalt Vollmarstein aufgenommen worden, wo man sie einer Operation unterzog. Erst am 14. oder 15. September 1921 erfolgte ihre Aufnahme in die evangelische Pflegeeinrichtung Eben-Ezer mit der Diagnose „spastische Lähmung“ und „Schwachsinn erheblichen Grades“.
Hedwig war sehr pflegebedürftig und wurde als „ein reiner Pflegefall“ eingestuft. Daher nahm man von einer Unterbringung in Familienpflege Abstand.
Am 8. April 1937 wurde Hedwig Degener mit den beiden Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt und wohnte dort vier Jahre. Dann erfolgte am 27. Juni 1941 ihre erneute Verlegung in die Zwischenanstalt Herborn und schon bald in die Tötungsanstalt Hadamar, wo sie im Alter von 32 Jahren am 18. Juli 1941 unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit ermordet wurde.
Quellen: Archiv der Diakonischen Stiftung Wittekindshof, Best. Patientenakten, Nr. 1771; Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 319 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 457 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); LWV-Archiv Hessen in Kassel, Opferdatenbank: Opferliste 1941; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 136.
5.5.1914 – 1943
Willi Diehl wurde am 5. Mai 1914 in Witten geboren und war altlutherisch getauft. Im Alter von sechs Jahren wurde er „wegen ungenügender Familienpflege“ in einer Einrichtung in Höxter untergebracht, nachdem seine Mutter bei der Geburt ihres fünften Kindes im Februar 1920 gestorben war; sein Vater litt an einer Kriegsverletzung, war daher nicht mehr arbeitsfähig und bezog nur eine kleine Invalidenrente.
Aus der Ehe waren fünf Kinder hervorgegangen, von denen nur zwei die Kindheit überlebten. Rückblickend wurden beide Eltern 1934 von dem Anstaltsarzt Eben-Ezers als „schwachsinnig“ beurteilt. Nach seinem Aufenthalt in Höxter wurde Willi 1921 in ein Stift in Schildesche bei Bielefeld verlegt und am 21. November 1921 mit sieben Jahren in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo aufgenommen. Die Diagnose des Arztes lautete „Schwachsinn, erheblichen Grades, angeboren“.
In Eben-Ezer besuchte er die Anstaltsschule zwischen 1921 und 1932, um dann in anstaltseigenen Betrieben beschäftigt zu werden, zuerst 1931 in der Mattenflechterei, sodann 1932 in der Landwirtschaft und schließlich in der Gärtnerei, wo er „Handlangerdienste“ verrichtete. Von einer Unterbringung in Familienpflege sah der Anstaltsarzt 1934 ab, so dass er auch eine Sterilisation für nicht erforderlich erachtete.
Am 8. April 1937 wurde Willi Diehl mit den beiden Vermerken „ungeheilt“ und „Idiotie“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt, wo er vier Jahre verbrachte, um dann am 24. Juli 1941 der Zwischenanstalt Eichberg übergeben zu werden. Nach dem bisherigen Kenntnisstand starb er 1943 wahrscheinlich in der Zwischenanstalt Herborn im Alter von 29 Jahren unter bislang nicht bekannten Umständen.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 371 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 496 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 561.
23.2.1904 – 24.7.1943
Emilie Dreier wurde am 23. Februar 1904 in Haspe im Kreis Hagen geboren, war evangelisch getauft und wurde mit vier Jahren im Oktober 1908 in der evangelischen Heil- und Pflegeanstalt für Schwachsinnige Wittekindshof bei Bad Oeynhausen aufgenommen; die Diagnose des Arztes lautete „Imbezillität“ und „Lähmung der Beine“.
Darüber hinaus stellte er einen „mangelhaften Ernährungs- und Kräftezustand“ sowie eine „mangelhafte Erziehung“ fest. Acht Jahre später wird in der Bewohnerakte am 24. Juni 1916 notiert: „Hat Interesse, spielt gern … doch ist die Schulausbildung so gut wie unmöglich.“ Ungeachtet dessen wurde Emilie auf dem Wittekindshof konfirmiert und am 19. Juli 1919 „als gebessert nach Hause entlassen“. Allerdings erfolgte bereits zweieinhalb Jahre später am 18. November 1921 ihre Einweisung in die evangelische Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo. Der dort zuständige Anstaltsarzt attestierte ihr „Schwachsinn höheren Grades“ und „Lähmung der linken Körperseite“. Ihre Mutter starb 1926 in Haspe, wo noch ihr Vater zusammen mit ihren Geschwistern wohnte.
In der Einrichtung Eben-Ezer wurde Emilie Dreier in der Schälküche eingesetzt. Wegen ihrer weitgehenden Arbeitsunfähigkeit lehnte der Anstaltsarzt ihre Unterbringung in Familienpflege ab und deshalb auch ihre Sterilisation.
Die Verlegung von Emilie Dreier erfolgte am 8. April 1937 mit den beiden Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein, wo sie vier Jahre verbrachte. Anschließend wurde sie am 17. Juli 1941 in der Zwischenanstalt Weilmünster untergebracht und verstarb wahrscheinlich dort am 24. Juli 1943 im Alter von 39 Jahren unter bisher nicht bekannten Umständen.
Quellen: Archiv der diakonischen Stiftung Wittekindshof, Best. Patientenakten, Nr. 1135; unverzeichnete Bewohnerakte Eben- Ezer in Lemgo (Altregistratur; Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 323 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 458 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 457.
17.8.1905 – 18.7.1941
Helene Dufke wurde am 17. August 1905 in Dortmund geboren, war evangelisch getauft und hatte mindestens vier Geschwister. Bereits in ihrer Kindheit wurde sie zusammen mit ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Hedwig als „Fürsorgezögling“ dem Rettunghaus zu Schildesche bei Bielefeld übergeben, weil ihre Eltern offensichtlich mit ihrer Erziehung und Pflege überfordert waren.
Im Alter von acht Jahren wurde Helene zusammen mit ihrer sechsjährigen Schwester Hedwig am 13. Oktober 1913 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Idiotie“ aufgenommen; die Ursachen ihres Leidens wurden anfänglich auf „Vernachlässigung und Mißhandlung“ zurückgeführt.
In Eben-Ezer nahm sie weder am Unterricht der Anstaltsschule teil noch wurde sie in einer der anstaltseigenen Werkstätten beschäftigt. Ihre Schwester Hedwig starb bereits am 30. Juni 1920 im Alter von zwölf Jahren an „Lungentuberkulose“. In einem Bericht vom 3. Januar 1934 wird über Helene festgestellt: „Helene ist eine tiefstehende Idiotin, die nicht arbeiten kann.“ Und weiter heißt es: „Sie ist ein reiner Pflegefall, der von der Menschheit abgesondert werden muß.“ Der Anstaltsarzt sah im Dezember 1934 von einer Sterilisation ab, denn es bestehe bei ihr „keine Fortpflanzungsmöglichkeit.“
Am 8. April 1937 wurde Helene Dufke mit den beiden Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt, wo sie sich vier Jahre lang aufhielt. Dann erfolgte am 27. Juni 1941 ihre Verlegung in die Zwischenanstalt Herborn und schon knapp drei Wochen später in die Tötungsanstalt Hadamar, wo sie am 18. Juli 1941 unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit im Alter von 35 Jahren ermordet wurde.
Die Familie war offenbar über die Verlegung von Helene nach Warstein am 7. April 1937 nicht informiert worden, denn am 31. März 1939 erkundigte sich eine ihrer Schwestern nach dem „Befinden meiner Schwester Helene“ bei dem Anstaltsleiter der Einrichtung Eben-Ezer in Lemgo.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur; Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 235 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 450 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); LWV-Archiv Kassel, Opferdatenbank: Opferliste 1941; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 138.
25.6.1896 – ?
Ernst Edelhoff wurde am 25. Juni 1896 in Westig im Kreis Iserlohn geboren, war evangelisch getauft und litt seit seinem 16. Lebensjahr an Epilepsie. Er hatte einen Bruder und eine Schwester, seine Eltern waren beide bereits vor 1934 verstorben; nach dem Tod der Eltern lebte er eine gewisse Zeit bei seinem Bruder. Im Alter von 32 Jahren wurde er am 28. September 1928 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „genuine Epilepsie“ aufgenommen.
In Eben-Ezer wurde Ernst Edelhoff als „ein reiner Verwahrungsfall“ angesehen und konnte keine Tätigkeit übernehmen. Er wurde nicht sterilisiert, weil bei ihm nach Ansicht des Anstaltsarztes „keine Fortpflanzungsgefahr“ bestehe.
Am 8. April 1937 wurde er mit den beiden Vermerken „Epilepsie“ und „ungeheilt“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt, wo er vier Jahr verbrachte, bevor er am 27. Juni 1941 in der Zwischenanstalt Herborn aufgenommen wurde; danach verliert sich seine Spur.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 499 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 514 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 107.
21.6.1909 – ?
Gustav Edelhoff wurde am 21. Juni 1909 in Fröndenberg im damaligen Kreis Hamm als jüngstes von fünf Kindern geboren, von denen nur er und sein ältester Bruder die Kindheit überlebten. Er war evangelisch getauft, besuchte die Volksschule allerdings „ohne Schulerfolge“, jedoch wurde er konfirmiert. Als er 13 Jahre alt war, starb seine Mutter und als er sich im 23. Lebensjahr befand, starb sein Vater. Am 1. November 1928 wurde er im Alter von 21 Jahren in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „angeborener Schwachsinn“ aufgenommen.
In Eben-Ezer wurde er anfänglich mit Mattennähen und Mattenflechten beschäftigt, wo ihm eine gewisse Ausbildungsfähigkeit bescheinigt wurde. Ein Einsatz in der Gärtnerei wurde erwogen, der dann 1931 erfolgte, zwei Jahre später war er auch in der Landwirtschaft tätig. 1934 nahm er vorübergehend am Unterricht in der Anstaltsschule teil. Von einer Unterbringung in Familienpflege wurde aber abgesehen, weil er „sehr aufsichtsbedürftig“ sei, was sich dann bei einem 1935 unternommenen Versuch in einer Familienpflegestelle bestätigte. Daher bescheinigte der Anstaltsarzt ihm in diesem Jahr, „ein Anstaltsverwahrfall“ zu sein. Überlegungen, ihn in den Haushalt seines Bruders zu entlassen, ließen sich nicht realisieren. Daher wurde von einer 1934 noch in Erwägung gezogenen Sterilisation Abstand genommen, deren Beurteilung in die Zuständigkeit des Erbgesundheitsgerichts in Hamm gefallen wäre.
Am 8. April 1937 wurde Gustav Edelhoff in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den beiden Vermerken „Imbezillität“ und „ungeheilt“ verlegt, er wohnte dort über drei Jahre hinweg. Im Anschluss erfolgte am 27. Juni 1941 seine Verlegung in die Zwischenanstalt Herborn. Danach verliert sich seine Spur.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller im Verwaltungsgebäude); Aufnahmebuch Männer, Nr. 500 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 515 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 68.
15.5.1913 - 14.8.1941
Albrecht Engelhardt wurde am 15. Mai 1913 in Benrath im Landkreis Düsseldorf geboren, war evangelisch getauft und hatte sieben Geschwister, darunter seine Zwillingsschwester Alma. Bereits in seiner Kindheit war er vorübergehend zwischen 1917 und 1918 in den Anstalten von Bethel bei Bielefeld untergebracht. Im Alter von acht Jahren wurde er am 29. September 1921 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „angeborener Schwachsinn mittleren Grades“ aufgenommen.
In Eben-Ezer nahm er an einer „Arbeitstherapie“ teil, hingegen wurde von einer „Schulausbildung“ Abstand genommen. Er verrichtete „Handlangerdienste beim Mattenflechten“, so der Wortlaut im Bericht eines Pflegers vom 30. Oktober 1931. Gut fünf Jahre später wird in einem anderen Bericht vermerkt: „Nur zu einfachen Hausarbeiten und beim Rohraussuchen zu gebrauchen.“
Albert Engelhardt wurde am 8. April 1937 mit den Vermerken „Idiotie, erblicher Schwachsinn“ und „ungeheilt“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt. Vier Jahre später erfolgte am 11. Juli 1941 seine Verlegung in die Zwischenanstalt Weilmünster. Bereits knapp einen Monat später wurde er am 14. August 1941 in die Tötungsanstalt Hadamar abtransportiert, wo er wahrscheinlich noch an demselben Tag unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit im Alter von 28 Jahren ermordet wurde.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller im Verwaltungsgebäude); Aufnahmebuch Männer, Nr. 359 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 505 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten und Verlegungsbücher); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 263.
16.10.1898 – 21.8.1941
Friedrich Gallinn wurde am 16. Oktober 1898 in Wiemelhausen bei Bochum geboren, nachdem sein Vater kurz vor der Geburt gestorben war. Er war evangelisch getauft und hatte einen Bruder und eine Schwester. Das erste Mal wurde er im Alter von zehn Jahren am 1. September 1909 der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer übergeben, jedoch bereits am 5. September 1909 wieder nach Hause zu seiner Mutter und ihrem neuen Ehemann entlassen, wo sich noch seine mittlerweile fünf Geschwister aufhielten.
Bereits 1912 hielt man erneut seine Unterbringung in einer Heilanstalt für erforderlich, die dann am 10. Januar 1913 wiederum in Eben-Ezer mit der Diagnose „Schwachsinn“ erfolgte.
In Eben-Ezer wurde er seit 1930 in einer „Arbeitskolonne“ der anstaltseigenen Landwirtschaft beschäftigt, sodann 1936 in der Gärtnerei und in der Mattenflechterei eingesetzt. Eine Unterbringung in Familienpflege wurde vom Anstaltsarzt ausgeschlossen, weil er hierfür „gänzlich ungeeignet“ sei.
Am 8. April 1937 wurde Friedrich Galinn in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den beiden Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“ verbracht, wo er vier Jahre wohnte. Dann erfolgte seine Verlegung am 14. Juli 1941 in die Zwischenanstalt Weilmünster und schon bald in die Tötungsanstalt Hadamar, wo er am 21. August 1941 im Alter von 43 Jahren unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit ermordet wurde.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 183 und 235 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 498 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); LWV-Archiv in Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1941; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 387.
28.5.1912 – 11.1943
Gustav Gronenberg wurde am 28. Mai 1912 in Pennekamp im Kreis Schwelm geboren, war evangelisch getauft und hatte sechs Geschwister, von denen vier die Kindheit nicht überlebten. Nachdem er eine „Hilfsschule ohne Erfolg“ besucht hatte, wurde er am 8. Oktober 1923 im Alter von elf Jahren in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Idiotie“ aufgenommen.
In Eben-Ezer nahm er zwischen 1923 und 1929 lediglich am Religionsunterricht der Anstaltsschule teil. In den schulischen Unterlagen heißt es am 29. November 1929: „Erzählt spontan eine biblische Geschichte. Hat einige Schulkenntnisse behalten, offenbar ist das Gedächtnis ganz gut.“ Nach seiner Schulentlassung wurde er in einer „Hofkolonne“ der Landwirtschaft eingesetzt, wo er „durch seine völlige Unfähigkeit“ aufgefallen sei, wie es in einem Bericht vom 28. April 1931 heißt. Im Anschluss erfolgte sein Einsatz in der Mattenflechterei, wo er „leidlich gut“ arbeiten würde. Allerdings wurde von einem Einsatz in Familienpflege Abstand genommen, da er „durch sein ausgesprochen schwachsinniges Gehabe sehr“ auffalle, so der Wortlaut eines Berichtes vom 24. Januar 1934; eine Sterilisation hielt der Anstaltsarzt für nicht erforderlich.
Am 8. April 1937 erfolgte die Verlegung Gustav Gronenbergs in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den beiden Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“, wo er vier Jahre verbrachte und vor allem mit Flechtarbeiten beschäftigt war. Dort besuchten ihn seine Eltern, ein Onkel und eine Tante am 6. Juni 1937. Der Zwischenanstalt Eichberg wurde er am 24. Juli 1941 übergeben und verbrachte dort über zwei Jahre, bevor er am 12. Oktober 1943 in die Tötungsanstalt Hadamar abtransportiert wurde. Dort starb er schon bald am 11. November 1943 im Alter von 31 Jahren offiziell an „Herzschwäche“ und „Marasmus universalis“, also an Mangelernährung, so dass eine aktive menschliche Einwirkung sogar wahrscheinlich ist.
Quellen: Verzeichnete Bewohnerakte in Eben-Ezer in Lemgo (AEE, Best. Bewohnerakten, Nr. 287); Aufnahmebuch Männer, Nr. 408 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 511 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); LWV-Archiv in Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1942-1945; Archiv der Gedenkstätte Hadamar, Best. Akten, Nr. 4099; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 566; Hadamar, Gedenkstein, Nr. 4099.
12.2.1908 – 4.12.1943
Lydia Gruber wurde am 12. Februar 1908 in Bednoren in Ostpreußen geboren, war baptistisch getauft und hatte zwei Geschwister. Wann sie in dem Waisenhaus ‚Martaheim‘ in Gladbeck untergebracht wurde, ist nicht bekannt. Als sie 19 Jahre alt war, wurde sie am 30. Juli 1927 von besagtem Waisenhaus in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Eickelborn verlegt.
Zu diesem Zeitpunkt war ihre Mutter als Heilpraktikerin selbständig tätig, während ihr wesentlich älterer Vater wegen Invalidität bereits in einem Altersheim wohnte und ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Johannes in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo lebte, in der er am 6. April 1925 aufgenommen worden war. Daher wurde Lydia am 23. Januar 1928 auf Veranlassung ihrer Mutter – eine bekennende Baptistin – ebenfalls dorthin verlegt, wo ihr die Diagnose „Schwachsinn ziemlichen Grades“ gestellt wurde.
In den ersten Jahren in Eben-Ezer besuchte sie die anstaltseigene Hilfsschule. Im Anschluss wurde sie 1931 im Nähsaal und in der Schälküche, sodann von 1932 bis 1937 mit Federschleißen beschäftigt, um die Federkiele zu entfernen. Von einem Einsatz in der Familienpflege riet der Anstaltsarzt 1933 wegen ihres „angeborenen intellektuellen und ethischen Schwachsinns“ ab, so dass er eine Sterilisation vorläufig für nicht nötig erachtete.
Zusammen mit ihrem Bruder Johannes wurde Lydia Gruber am 8. April 1937 mit den beiden Vermerken „ungeheilt“ und „Idiotie“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt, wo sie vier Jahre verbrachte, während ihr Bruder bereits am 14. März 1939 vor Ort bei einer Bauernfamilie in Pflege kam; dort soll er noch zu Beginn der 1970er Jahren gelebt und gearbeitet haben. Dagegen wurde seine Schwester Lydia am 22. Juli 1941 erneut verlegt und zwar in die Zwischenanstalt Weilmünster, wo sie am 4. Dezember 1943 im Alter von 35 Jahren aus bisher nicht bekannten Gründen verstarb.
Am 6. Juni 1943 erkundigte sich eine Tante von Lydia bei dem damaligen Anstaltsleiter der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer, dem Sonderpädagogen Herbert Müller, nach dem Befinden ihrer Nichte. Der Anstaltsleiter teilte ihr am 8. Juni 1943 mit, dass ihre Nichte bereits am 8. April 1937 in die Heilanstalt Warstein verlegt worden sei. Es ist überliefert, dass ihr Bruder Johannes sein Leben lang davon ausgegangen sein soll, dass seine Schwester „vergast worden sei“. Diese Auskunft stammt von Manfred Monzlinger, der sich im Dienst des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe mit der Psychiatriegeschichte Warsteins beschäftigt und Angehörige der Pflegefamilie persönlich gekannt hat, bei der Johannes Gruber gelebt und gearbeitet hatte.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 424 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 469 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 528.
25.9.1891 - ?
Friderike Gryczan wurde am 25. September 1891 in Rotzek-Waldersee in Ostpreußen geboren, war evangelisch getauft und hatte mindestens ein Geschwister. Infolge einer Scharlach-Infektion im Alter von anderthalb Jahren soll sie „geistig zurückgeblieben“ sein.
Daher besuchte sie auch nur die erste Klasse der Volksschule, um dann zu Hause zu bleiben und dort versorgt zu werden. Wann ihr Vater starb, ist nicht bekannt. Friderike wurde im Alter von 38 Jahren am 27. oder am 28. Juni 1930 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Idiotie mit Erregungszuständen“ aufgenommen.
In Eben-Ezer wurde sie mit Hausarbeit beschäftigt und beim Federschleißen eingesetzt. Wegen häufig auftretender Schwindelanfälle, Erregungszustände und Schreikrämpfe wurde sie seit Mitte Februar 1933 von dem Anstaltsarzt einer Malariakur unterzogen, die mindestens bis zum Oktober 1935 aufrechterhalten wurde. In dem Stationsbericht vom 26. April 1933 wird festgestellt: „Körperlich sieht sie gut aus. Vielleicht ist die günstige Wirkung auf die Malariabehandlung zurückzuführen.“ Da ihr eine „unbedingte Anstaltsbedürftigkeit“ bescheinigt wurde, unterblieb ihre Unterbringung in Familienpflege und ihre Sterilisation.
Am 8. April 1937 erfolgte die Verlegung von Friderike Gryczans in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „Idiotie, Epilepsie“ und „ungeheilt“. Dort verbrachte sie vier Jahre, um dann am 27. Juni 1941 der Zwischenanstalt Herborn übergeben zu werden; danach verliert sich ihre Spur.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 484 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 475 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 142.
1.7.1911 – 5.3.1945
Paula Haberkorn wurde am 1. Juli 1911 in Mühlhausen in Thüringen geboren und war evangelisch getauft; sie hatte zehn Geschwister, von denen ein Bruder die Kindheit nicht überlebte. Erst nach dem Erreichen ihres achten Lebensjahres besuchte sie die Volksschule, in der sie ein Jahr lang unterrichtet wurde, bevor sie in eine Hilfsschule wechselte.
Nachdem ihr Vater als Gärtner infolge eines Arbeitsunfalles 1923 gestorben war, sah sich ihre Mutter mit der Aufsicht und Erziehung ihrer zahlreichen Kinder überfordert und beantragte die Einweisung ihrer Tochter Paula in eine Pflegeeinrichtung. Am 7. August 1925 wurde sie im Alter von 14 Jahren der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Epilepsie“ übergeben.
In Eben-Ezer litt sie seit 1926 unter dem gehäuften Auftreten epileptischer Anfälle, so dass sie „oft für Stunden und zuweilen für Tage isoliert werden“ musste, wie es in einem Stationsbericht Anfang April 1931 heißt. Zeitweilig wurde sie beim Zupfen und Schleißen von Federn eingesetzt, wobei sie den Federkiel entfernen sollte.
Mit den Vermerken „Idiotie, Epilepsie, Psychopathie“ und „ungeheilt“ wurde Paula Haberkorn am 8. April 1937 in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt, wo sie sechs Jahre verbrachte. Im Anschluss erfolgte ihre Verlegung am 27. Juli 1943 in die Tötungsanstalt Pfafferode in Thüringen; dort starb sie im Alter von 33 Jahren am 5. März 1945 offiziell an „Marasmus“, also an Proteinmangel, der eine gezielte Mangelernährung in ihren letzten anderthalb Jahren hoch wahrscheinlich macht.
In einem der zahlreichen, in der Bewohnerakte abgelegten Briefe der Mutter an Heinrich Diehl, den damaligen Anstaltsleiter von Eben-Ezer, äußerte sie sich am 25. März 1937 folgendermaßen: „Durch eine schriftliche Mitteilung von (Ober)Schwester Alwine (Wittmer) wurde mir bekan(n)t, daß meine Tochter Paula in die Provinzial-Heilanstalt Warstein verlegt wird. Ich war sehr erstaunt darüber. Frage hiermit an, aus was für Gründen dies geschieht, und ob es nicht möglich ist, Paula doch dort zu behalten, den(n) Doktor Fiebig hat es mir versprochen, sein Möglichstes zu tun um dies zu verhindern. Es ist für mich bitter, zu wissen, daß das Kind in solch einer Umgebung ist, was sie wohl verstehen können.“ Die Mutter erkundigte sich auch nach der Verlegung ihrer Tochter in die Tötungsanstalt Pfafferode Ende Juli 1943 wiederholt nach deren Befinden, wobei der letzte Briefwechsel im September 1944 stattfand. Diese Auskunft stammt von Elisabeth Goethe, die in der Oekumenischen Hainich Klinikum gGmbH in Pfafferode für das Archiv zuständig ist.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 385 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 467 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten und Verlegungsbücher); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 1519.
19.7.1908 – 8.9.1944
Karoline Hasenpflug wurde am 19. Juli 1908 in Herten geboren, war evangelisch getauft und hatte vier Geschwister, von denen eine Schwester die Kindheit nicht überlebte. Karoline wohnte bis zu ihrem 16. Lebensjahr zu Hause bei ihren Eltern, als sie am 21. August 1924 zusammen mit ihrem ein Jahr jüngeren Bruder Franz in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo aufgenommen wurde; beiden Geschwistern wurde „Schwachsinn“ attestiert.
In Eben-Ezer wurde sie überwiegend in der Schälküche beschäftigt, weil sie „höherwertige Arbeit … nicht zu leisten“ imstande sei, so lautet ein Eintrag in ihrer Krankenakte vom 19. Juli 1935. Ihre Unterbringung in Familienpflege schloss der Anstaltsarzt aus und hielt daher auch ihre Sterilisation für überflüssig.
Mit den Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“ wurde Karoline Hasenpflug am 8. April 1937 in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt und verbrachte dort vier Jahre, wo sie vor allem in der Schälküche eingesetzt wurde. Eine weitere Verlegung erfolgte am 22. Juli 1941 in die Zwischenanstalt Weilmünster, wo sie einige Jahre verblieb und leichte Hausarbeiten verrichtete. Am 16. August 1944 erfolgte ihre Verlegung in die Tötungsanstalt Hadamar. Bereits am 8. September 1944 starb sie im Alter von 38 Jahren offiziell an „Lungenentzündung“, wobei menschliche Einwirkung nicht ausgeschlossen werden kann.
Quellen: Verzeichnete Bewohnerakte in Eben-Ezer in Lemgo (AEE, Best. Bewohnerakten, Nr. 286); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 364 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 466 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1942-1945; Archiv der Gedenkstätte Hadamar, Best. Akten, Nr. 2745; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 498; Hadamar, Gedenkstätte, Nr. 2745.
26.3.1890 – 6.5.1950
Amalie Hürter wurde am 26. März 1890 in Langendreer bei Bochum geboren, war evangelisch getauft und besuchte dort eine Hilfsschule, wo sie auch konfirmiert wurde. Bis zu ihrem 41. Lebensjahr wohnte sie bei ihren Eltern, wobei ihr Vater bereits ein Jahr nach ihrer Geburt 1891 gestorben war, während ihre Mutter erst 1931 verstarb. Sie hatte drei ältere Brüder, die ihrerseits Familien gründeten und in Dortmund und Bochum wohnten.
Nachdem ihre Mutter verstorben war, wurde sie im Alter von 41 Jahren zunächst in einem Altersheim untergebracht, wo sie vier Jahre wohnte. Von dort wechselte sie dann am 5. Januar 1935 in die evangelische Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo, in der ihr die Diagnose „Imbezillität“ gestellt wurde.
In Eben-Ezer wurde sie im Nähsaal und in der Schälküche beschäftigt. Eine Unterbringung in Familienpflege kam wegen ihres Alters und ihrer geringen Arbeitsfähigkeit nicht in Frage, so dass der Anstaltsarzt auch von einer Sterilisation absah.
Am 8. April 1937 wurde Amalie Hürter mit den beiden Vermerken „Imbezillität“ und „ungeheilt“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt und verbrachte dort vier Jahre. Am 17. Juli 1941 erfolgte ihre Verlegung in die Zwischenanstalt Weilmünster, wo sie das Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte und noch drei Jahre wohnte. Am 29. Oktober 1948 wurde offenbar ihre Unterbringung in einer Klinik in Gütersloh erforderlich. Dort starb sie am 6. Mai 1950 im Alter von 60 Jahren.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 550 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 478 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten und Verlegungsbücher); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 467.
11.3.1905 – 8.6.1942
Elisabeth Jaschinski wurde am 11. März 1905 in Letzkau bei Danzig geboren, war evangelisch getauft und hatte elf Geschwister, von denen fünf bereits in der Kindheit verstarben. Die Familie war von Letzkau nach Herringen bei Hamm umgezogen, wo Elisabeth mit ihren fünf überlebenden Geschwistern die Schule besuchte.
Als sie am 29. November 1921 im Alter von 16 Jahren in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Idiotie“ aufgenommen wurde, war sie bereits konfirmiert. Ein Jahr zuvor soll ihr Vater, der als Bergmann tätig gewesen und politisch engagiert war, bei einem „Putsch“ erschossen worden sein.
In Eben-Ezer zeigte sie große Unruhe und vermisste ihre Mutter. Sie besuchte weder die Anstaltsschule noch konnte sie in der Einrichtung einer Tätigkeit nachgehen, denn in dem Stationsbericht vom 11. November 1934 wurde sie als „unbrauchbar … für irgendeine Arbeit“ beurteilt; im März und April 1933 war sie einer „Malaria-Kur“ unterzogen worden.
Die Verlegung von Elisabeth Jaschinski in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein erfolgte am 8. April 1937, versehen mit den Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“. Vier Jahre später wurde sie am 31. Juli 1941 im Alter von 36 Jahren in die Zwischenanstalt Eichberg verbracht, wo sie knapp ein Jahr später am 8. Juni 1942 verstarb; ihre Todesursache konnte bisher nicht ermittelt werden.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 326 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 460 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 730; Sterbebuch Eichberg, Nr. 262.
29.4.1912 – 18.7.1941
Maria Kallenbach wurde am 29. April 1912 in Herne geboren, war evangelisch getauft und hatte vier Geschwister. Bis zur sechsten Klasse besuchte sie die Schule und war dann – nach ihrer Konfirmation – im März 1926 in die Erziehungsanstalt Schweicheln eingewiesen worden.
Dort vermittelte man sie auf verschiedene Stellen als „Dienstmädchen“, wo sie allerdings stets nur für kürzere Zeiträume tätig geworden war. Gegen den Willen der Mutter wurde sie am 4. Februar 1929 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Schwachsinn“ und „Schizophrenie“ aufgenommen.
In Eben-Ezer besuchte sie die Fortbildungsschule und wurde zunächst mit Haus- und Handarbeiten beschäftigt. Jedoch konnte sie an dauerhafte Tätigkeit nicht gewöhnt werden, so dass sie in einem Bericht vom 9. Februar 1934 als „unbedingt anstaltspflegebedürftig“ beurteilt wurde. Abgesehen davon stellte der Anstaltsarzt am 19. Dezember 1934 fest, dass keine „Fortpflanzungsgefahr“ bestehe und sich daher auch ein „Antrag auf Unfruchtbarmachung“ erübrige.
Am 8. April 1937 erfolgte die Verlegung Maria Kallenbachs in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „Schizophrenie, Imbezillität“ und „ungeheilt“. Dort verbrachte sie gut vier Jahre, um dann am 27. Juni 1941 in der Zwischenanstalt Herborn untergebracht zu werden. Schon bald danach wurde sie der Tötungsanstalt Hadamar übergeben, in der sie im Alter von 29 Jahren am 18. Juli 1941 unter Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit ermordet wurde.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 439 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 472 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1941;Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 149.
23.4.1875 – 2.7.1941
Julius Kissing wurde am 23. April 1875 in Unna geboren und war evangelisch getauft. Er besuchte zwischen seinem sechsten und vierzehnten Lebensjahr eine reguläre Schule und wurde auch konfirmiert. Nach der Schulzeit nahm er eine Lehre im Schreinerhandwerk auf und schloss die Ausbildung als Geselle ab. Dann spezialisierte er sich auf den Treppenbau und arbeitete bis 1914 in diesem Gewerbe, als er sich in seinem 39. Lebensjahr befand.
Er wurde zum Kriegsdienst eingezogen und kehrte erst 1920 zurück. Seitdem vermochte er nur noch gelegentlich seinem Gewerbe nachzugehen; in dieser Zeit wohnte er bis Ende 1929 bei seinem Bruder und seiner Schwägerin. Im Alter von 54 Jahren wurde er am 24. Januar 1930 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Geistesschwäche / angeborener Schwachsinn“ aufgenommen.
In Eben-Ezer wurde er nur gelegentlich in der Mattenflechterei eingesetzt, weil er unter häufigem Zittern, Altersschwäche und Depressionen litt. Für einen Einsatz in der Familienpflege erwies er sich nach Einschätzung des Anstaltsarztes als ungeeignet.
Am 8. April 1937 wurde Julius Kissing mit den Vermerken „Debilität“ und „ungeheilt“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt. Dort verbrachte er vier Jahre, bevor er am 27. Juni 1941 der Zwischenanstalt Herborn übergeben wurde, wo er einige Tage später am 2. Juli 1941 im Alter von 66 Jahren starb. Als offizielle Todesursache wurden „Lungenödem“ und „hypostatische Pneumonie“ vermerkt; demnach starb er an Wasser in der Lunge und an einer Lungenentzündung.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur im Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 512 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 517 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 33.
21.10.1917 – 18.7.1941
Anna Loos wurde am 21. Oktober 1917 in Niederheuslingen im Kreis Siegen geboren, war evangelisch getauft und hatte acht Geschwister; ihre Eltern waren beide arbeitsunfähig und bezogen daher eine Invalidenrente. Bis zu ihrem zehnten Lebensjahr wohnte Anna bei ihren Eltern und dürfte zeitweilig die Schule besucht haben.
Ihre jüngere Schwester Frieda wurde bereits im November 1921 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo aufgenommen, während Anna Mitte Oktober 1928 über drei Monate hinweg in der evangelischen Pflege- und Erziehungsanstalt für Schwachsinnige Wittekindshof bei Bad Oeynhausen untergebracht war. Auf Veranlassung ihrer Mutter erfolgte am 15. Januar 1929 ihre Unterbringung in Eben-Ezer, wo ihr die Diagnose „Schwachsinn erheblichen Grades“ gestellt wurde.
In Eben-Ezer besuchte sie weder die Anstaltsschule noch wurde sie beschäftigt; ein um 1935 unternommener Versuch, sie mit dem Schleißen von Federn – also mit dem Entfernen des Federkiels – zu beschäftigen, schlug fehl.
Am 8. April 1937 wurde Anna Loos mit den beiden Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“ zusammen mit ihrer Schwester Frieda in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt, wo sie vier Jahre verbrachten, bevor sie am 27. Juni 1941 in die Zwischenanstalt Herborn verlegt wurden. Dort starb ihre Schwester bereits ein Tag nach der Ankunft, während Anna ein bis zwei Wochen später der Tötungsanstalt Hadamar übergeben wurde, wo sie am 18. Juli 1941 unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit im Alter von 23 Jahren ermordet wurde.
Quellen: Archiv der Diakonischen Stiftung Wittekindshof, Best. Patientenakten, Nr. 3158; Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 445 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 460 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); LWV-Archiv Kassel, Opferdatenbank: Opferliste 1941; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 202.
19.1.1916 – 26.6.1941
Anna Loos wurde am 19. Januar 1916 in Niederheuslingen im Kreis Siegen geboren, war evangelisch getauft und hatte acht Geschwister; ihre Eltern waren beide arbeitsunfähig und bezogen daher eine Invalidenrente.
Im Alter von fünf Jahren wurde sie am 25. November 1921 der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „hochgradiger Schwachsinn“ übergeben, da die Mutter „wegen ihres großen Haushalts“ mit der Pflege ihrer Tochter überfordert war.
In Eben-Ezer wurde sie während der ersten Jahre in der „Spielschule“ Eben-Ezers erzogen und unterrichtet, während ein anschließend unternommener „Versuch in einer Vorschulklasse erfolglos“ geblieben sei, wie es in einem Bericht vom 14. Dezember 1932 heißt. Gut ein Jahr später wurde sie am 16. Januar 1934 als „ein reiner Pflegefall“ beurteilt, der „zu einer Arbeit nicht zu gebrauchen“ sei. Im Dezember desselben Jahres schätzte der Anstaltsarzt ihren „Geisteszustand“ wie auch den ihrer jüngeren Schwester Anna, die seit dem 15. Januar 1929 ebenfalls in Eben-Ezer untergebracht war, als „schwer geschädigt“ ein. Darüber hinaus bestehe wegen der „Notwendigkeit dauernder Anstaltspflege … keine Fortpflanzungsgefahr“, so dass der Arzt von einer Sterilisation Abstand nahm.
Frieda Loos wurde am 8. April 1937 mit den Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“ zusammen mit ihrer Schwester Anna in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt, wo sie vier Jahre verbrachten, bevor sie am 27. Juni 1941 in die Zwischenanstalt Herborn verlegt wurden. Dort starb Frieda bereits einen Tag später am 28. Juni 1941; ihre Todesursache konnte bisher nicht ermittelt werden.
In einem der Bewohnerakte beiliegenden Brief der Mutter vom 25. März 1937 an dem damaligen Anstaltsleiter Eben-Ezers Heinrich Diehl fragte sie nach dem Grund der anstehenden Verlegung ihrer beiden Töchter in die „Provinzial-Heilanstalt Warstein“. Der Anstaltsleiter antwortete ihr am 13. April 1937 mit folgenden Worten: „Antwortlich Ihres Schreibens teile ich Ihnen mit, daß der Herr Oberpräsident alle seine westfälischen Pfleglinge in seine eigenen Heilanstalten verlegt hat. Glauben Sie uns nur, daß wir alle 80 Pfleglinge, die sich bei uns so wohlfühlten, schweren Herzens haben abziehen sehen. Sie können ihre Kinder nun öfters besuchen, da die Anstalt Warstein ja etwas näher für sie ist. Wir wollen hoffen, daß sie sich dort eingewöhnen. Sie werden von katholischen Schwestern gepflegt.“
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 325 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 459 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 203.
2.5.1902 – 18.7.1941
Maria Mahlke wurde am 2. Mai 1902 in Wiembeck bei Datteln geboren, war reformiert getauft und hatte zwei Geschwister, von denen ein Bruder bereits im Alter von vier Jahren verstarb.
Nach ihrer Kindheit wurde Marie für zwei Wochen in einer Taubstummenanstalt untergebracht, bevor sie im Alter von acht Jahren am 2. September oder am 3. November 1910 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „exogener Schwachsinn“ aufgenommen wurde.
In Eben-Ezer besuchte sie nicht die Anstaltsschule, weil sie als „kaum bildungsfähig“ eingestuft wurde. 1934 wurde sie im Alter von 22 Jahren beim Federschleißen eingesetzt, um den Federkiel zu entfernen, wovon aber bald wieder Abstand genommen werden musste, da sie zu unruhig sei und ihre „Mitpfleglinge im Arbeitssaal“ zu sehr aufrege.
Am 8. April 1937 wurde Marie Mahlke mit den Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt und verbrachte dort vier Jahre. Danach erfolgte ihre erneute Verlegung am 27. Juni 1941 in die Zwischenanstalt Herborn. Schon kurze Zeit später wurde sie der Tötungsanstalt Hadamar übergeben, wo sie am 18. Juli 1941 unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit im Alter von 39 Jahren ermordet wurde.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 198 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 447 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); LWV-Archiv Kassel, Opferdatenbank: Opferliste 1941; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 155.
20.12.1908 – 1.11.1941
Frieda Müller wurde am 20. Dezember 1908 in Berlin geboren und war evangelisch getauft; bereits in ihrem ersten Lebensjahr sollen Krampfanfälle aufgetreten sein. Als sie sieben Jahre alt war, soll ihre Mutter gestorben sein.
Der Tod ihrer Mutter dürfte auch der Anlass gewesen sein, dass Frieda am 2. Februar 1915 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „angeborene Idiotie mit zahlreichen organisch nervösen Störungen“ aufgenommen wurde.
In Eben-Ezer konnte sie wegen häufig auftretender Anfälle weder am Unterricht in der Anstaltsschule teilnehmen noch einer Beschäftigung nachgehen. So wird am 17. Mai 1924 vermerkt, dass das damals 15 Jahre alte Mädchen „zu keiner Arbeit zu gebrauchen“ sei. Dieser Zustand blieb konstant, denn am 3. Dezember 1935 heißt es: „Die Kranke bedarf erhöhter Pflege und Wartung und ist unbedingt anstaltspflegebedürftig.“
Am 8. April 1937 wurde Frieda Müller mit den Vermerken „Idiotie, Epilepsie“ und „ungeheilt“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt und verbrachte dort vier Jahre. Danach wurde sie am 4. August 1941 der Zwischenanstalt Eichberg übergeben. Bisher konnte nicht geklärt werden, ob sie am 1. November 1941 im Alter von 32 Jahren dort verstarb oder an diesem Tag noch in die Tötungsanstalt nach Hadamar abtransportiert wurde. In letzterem Fall dürfte sie aller Wahrscheinlichkeit nach unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit ermordet worden sein.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 260 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 455 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 816.
13.3.1918 – 14.8.1941
Ernst Nabereit wurde am 13. März 1918 in Waltrop bei Recklinghausen geboren, war evangelisch getauft und hatte sechs Geschwister. Nachdem er zuerst in der evangelischen Pflege- und Erziehungsanstalt für Schwachsinnige Wittekindshof bei Bad Oeynhausen untergebracht worden war, wurde er im Alter von acht Jahren am 20. April 1926 das erste Mal in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Schwachsinn, cerebrale Kinderlähmung“ aufgenommen.
Dort wohnte er knapp vier Jahre und besuchte die Anstaltsschule. Am 16. Januar 1930 wurde er für acht Monate in das Andreas Krankenhaus in Neuhaus verlegt, um einer orthopädisch-chirurgischen Behandlung unterzogen zu werden, denn er litt an einem „linksseitigen Klumpfuss“.
Nach erfolgter Operation wurde er im September 1930 erneut in die Einrichtung Eben-Ezer eingewiesen, obwohl sein Vater ihn zu sich nach Hause holen und ihn das Schuhmacherhandwerk erlernen lassen wollte. Seiner Bitte wurde aber nicht stattgegeben, so dass sein Sohn Ernst in Eben-Ezer verbleiben musste. Nach einem Urlaubsbesuch bei seinem Vater im Juni 1932 kam der inzwischen 14 Jahre alte Ernst vorerst nicht mehr nach Eben-Ezer zurück, stattdessen wohnte er in den folgenden drei Jahren zu Hause. Anscheinend wurde jedoch eine erneute Unterbringung in Eben-Ezer als erforderlich angesehen und am 2. Juli 1935 vollzogen. Beschäftigt wurde er in der Schneiderei, wo er vor allem Matten nähte.
Knapp zwei Jahre später erfolgte am 8. April 1937 die Verlegung Ernst Nabereits in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „Imbezillität bis Debilität“ und „nicht gebessert, ungeheilt“. Nachdem er dort vier Jahre gewohnt hatte, wurde er am 11. Juli 1941 in die Zwischenanstalt Weilmünster verlegt. Wann er der Tötungsanstalt Hadamar übergeben wurde, ist nicht bekannt. Ungeachtet dessen wurde er dort im Alter von 23 Jahren am 14. August 1941 unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit mordet.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 459 und 585 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 520 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1941; LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 277.
7.12.1904 – 14.8.1941
Ernst Neumann wurde am 7. Dezember 1904 in Bielefeld geboren, war evangelisch getauft und hatte fünf Geschwister, von denen drei verheiratet waren und zwei noch oder infolge von Arbeitslosigkeit wieder bei der Mutter wohnten. Im Alter von zehn Jahren wurde er am 20. Januar 1915 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Schwachsinn“ aufgenommen und dort bereits am 13. April 1916 konfirmiert.
Nach einer weiteren Untersuchung in Eben-Ezer beurteilte ihn der Anstaltsarzt am 3. Dezember 1935 als einen „ausgesprochenen Pflegefall“, so dass August „für immer und unbedingt anstaltspflegebedürftig bleiben wird.“
Anderthalb Jahre später wurde August Neumann am 8. April 1937 in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“ verlegt, wo er über vier Jahre verbrachte. Im Anschluss erfolgte am 11. Juli 1941 seine Verlegung in die Zwischenanstalt Weilmünster, wo er sich nicht lange aufgehalten haben kann. Denn bereits gut einen Monat später wurde sein Tod am 14. August 1941 in der Tötungsanstalt Hadamar registriert, wobei er unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit im Alter von 36 Jahren zu Tode gebracht wurde.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 269 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 503 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1941; LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 313.
1.5.1917 – 16.2.1944
Johannes Nieland wurde am 1. Mai 1917 in Rotthausen bei Gelsenkirchen geboren, war neuapostolisch getauft und hatte drei Geschwister. Im Alter von vier Jahren erlitt er eine Hirnhautentzündung und es traten an Händen und Beinen Lähmungserscheinungen auf, so dass er wiederholt im Krankenhaus behandelt werden musste.
Seit 1925 besuchte er im Alter von sieben Jahren eine Hilfsschule vor Ort und nahm über fünf Jahre hinweg am Unterricht teil. Jedoch waren seine Eltern mit seiner Betreuung zu Hause überfordert und übergaben ihn daher Anfang September 1929 der evangelischen Pflege- und Erziehungsanstalt für Schwachsinnige Wittekindshof bei Bad Oeynhausen. Dort verbrachte er lediglich drei Wochen und wurde dann von seinen Eltern wieder zu Hause aufgenommen. Als seine Mutter im September 1930 starb, sah der Vater keinen anderen Ausweg, als seinen Sohn am 7. Oktober 1930 der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo zu übergeben, wo er mit der Diagnose „epidemische Encephalitis“ aufgenommen wurde.
In Eben-Ezer besuchte er die Anstaltsschule zwischen 1930 und 1933 und nahm dann bis 1935 am Unterricht in der Fortbildungsschule teil. In dieser Zeit wurde er probehalber in der Mattenflechterei eingesetzt und auch gelegentlich mit Stühleflechten beschäftigt, wobei es ihm generell an Ausdauer gefehlt haben soll. Für eine Unterbringung in Familienpflege beurteilte ihn der Anstaltsarzt als ungeeignet.
Am 8. April 1937 erfolgte die Verlegung Johannes Nielands in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „Idiotie, Lähmung“ und „ungeheilt“, wo er sechs Jahre verbrachte. Eine erneute Verlegung erfolgte am 26. Juli 1943 in die Zwischenanstalt Weilmünster, wo er bis zu seinem Tod am 16. Februar 1944 lebte, als er 26 Jahre alt war; seine Todesursache konnte bisher nicht ermittelt werden.
Quellen: Archiv der Diakonischen Stiftung Wittekindshof, Best. Patientenakten, Nr. 3302; Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 521 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 518 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1942-1945; LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten und Verlegungsbücher); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 1128.
27.9.1912 – 31.5.1942
Wilhelm Nolting wurde am 27. September 1912 in Rehme geboren, war evangelisch getauft und hatte einen Bruder. Schon wenige Jahre später starben beide Eltern an Lungentuberkulose, seine Mutter 1918 und sein Vater 1921. Der Tod des Vaters war offenbar der Anlass, den neun Jahre alten Wilhelm am 29. Oktober 1921 der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer mit der Diagnose „angeborene Imbezillität“ zu übergeben.
In Eben-Ezer wurde er in der anstaltseigenen Hilfsschule aufgenommen, machte dort „einige Fortschritte“, wo er auch am Konfirmationsunterricht teilnahm. Darüber heißt es im Schulbericht am 14. März 1928: „Er ist in der Lage die 10 Gebote, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser und viele Liederverse fehlerlos aufzusagen.“ Am 29. April 1928 wurde er konfirmiert. Darüber hinaus besuchte er die Fortbildungsschule. Im Anschluss wurde er zwischen 1931 und 1935 bei Maurerarbeiten eingesetzt. Einen Intelligenztest nahm der Anstaltsarzt im März 1935 vor. Da Wilhelm für den Einsatz in Familienpflege durchaus in Frage kam, entschied der Anstaltsarzt seine Sterilisation, die am 14. Juni 1935 im Krankenhaus von Lemgo durchgeführt wurde. Infolge dieses operativen Eingriffs litt er jedoch fortwährend unter Schmerzen, Entzündungen und anderen Beeinträchtigungen, die noch Ende 1936 auftraten, so dass er nicht mehr im Maurerhandwerk arbeiten konnte.
Am 8. April 1937 wurde Wilhelm Nolting mit den Vermerken „Idiotie, angeborener Schwachsinn“ und „ungeheilt“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt und verbrachte dort vier Jahre. Dann erfolgte eine weitere Verlegung in die Zwischenanstalt Eichberg am 27. Juli 1941, wo er bereits nach etwa zehn Monaten Aufenthalt im Alter von 30 Jahren am 31. Mai 1942 an „Herzstillstand“ starb.
Aus dem der Bewohnerakte beiliegenden kurzen Briefwechsel des Jahres 1937 zwischen dem Onkel Wilhelm Noltings, der denselben Namen wie sein Neffe trug und 1933 zu seinem „Pfleger“ bestellt worden war, und dem damaligen Anstaltsleiter Eben-Ezers Heinrich Diehl geht hervor, dass der Onkel über die Verlegung seines Neffen nach Warstein am 8. April 1937 ebenfalls nicht informiert worden war. Denn er forderte am 7. September 1937 die Verantwortlichen der Einrichtung auf, ihm mitzuteilen, „wie es meinem Neffen Willi Nolting geht.“ Der Anstaltsleiter informierte den Onkel am 9. September über die Verlegung seines Neffen im März nach Warstein und fügte hinzu: „Wir konnten leider aus Zeitmangel nicht die Angehörigen der überführten Pfleglinge benachrichtigen. Es tut uns leid, dass dies nicht anderweitig geschehen ist.“
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 365 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 507 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1941; LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 626; Sterbebuch Eichberg, Nr. 345.
25.7.1913 – 26.10.1941
Gertrud Ochmann wurde am 25. Juli 1913 in Gladbeck geboren, war evangelisch getauft und hatte zwei Brüder, von denen der ältere die Kindheit nicht überlebte. Erste Krampfanfälle traten im zweiten Lebensjahr auf, so dass sie nicht am Unterricht der Grundschule teilnehmen konnte.
Im Alter von neun Jahren wurde sie am 5. Januar 1923 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „angeborener Schwachsinn“ und „epileptische Anfälle“ aufgenommen.
In Eben-Ezer wurde sie in der Vorschule unterrichtet, wo sie schon bald „verschiedenes gelernt“ habe „und noch weiter lernen“ werde, so der Anstaltsleiter Heinrich Diehl in einem Brief vom 27. Dezember 1923 an die Eltern. Die Mutter litt jedoch sehr unter der Trennung von ihrer Tochter, so dass sie diese anlässlich ihres Besuchs im Spätsommer 1924 bei sich zu Hause behielt; zudem hatte sie erfahren, dass ihre Tochter wegen häufig auftretender epileptischer Anfälle doch nicht am Unterricht in Eben-Ezer teilgenommen hatte. Als sich die Mutter jedoch von dem Leiden ihrer Tochter überfordert fühlte, deren Anfälle täglich wiederholt auftraten, beantragte sie deren Wiederaufnahme in Eben-Ezer, die dann am 10. Mai 1935 stattfand. Der Anstaltsarzt stellte keinen Antrag auf Sterilisation, „da bei der Schwere des Falles Pflegebedürftigkeit in einer geschlossenen Abteilung vorliegt.“
Am 8. April 1937 wurde Gertrud Ochmann im Alter von 24 Jahren in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „Idiotie, Epilepsie“ und „ungeheilt“ verbracht, wo sie sich vier Jahre aufhielt. Dann erfolgte eine weitere Verlegung in die Zwischenanstalt Eichberg am 31. Juli 1941, wo sie knapp drei Monate später am 26. Oktober 1941 im Alter von 28 Jahren verstarb; ihre Todesursache konnte bisher nicht ermittelt werden.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 346 und 559 (AEE, Best. Verwaltung Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 479 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 740; Sterbebuch Eichberg, Nr. 330.
10.10.1919 – 18.7.1941
Auguste Pinkel wurde am 10. Oktober 1919 in Bochum geboren, war evangelisch getauft und hatte vier Geschwister. Zwei von ihnen starben bereits in der Kindheit, während ihre beiden älteren Schwestern – Lydia und Ruth – seit dem 22. Februar 1922 bereits in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo lebten.
Da erste epileptische Anfälle schon zwei Monate nach ihrer Geburt auftraten, besuchte Auguste keine Schule. Im Alter von zehn Jahren wurde sie am 16. April 1930 ebenfalls der Einrichtung Eben-Ezer mit der Diagnose „Epilepsie und Idiotie“ übergeben, weil „ein längeres Halten im Elternhaus sich als nicht möglich“ erwiesen habe.
In Eben-Ezer konnte sie wegen häufig einsetzender epileptischer Anfälle nicht beschäftigt werden, sondern bedurfte fortwährend pflegerischer Hilfe.
Zusammen mit ihren beiden älteren Schwestern wurde Auguste Pinkel am 8. April 1937 in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „Idiotie, Epilepsie“ und „ungeheilt“ verbracht, wo sie zusammen mit ihrer Schwester Ruth vier Jahre wohnte, während ihre Schwester Lydia dort bereits im Juni 1939 verstarb. Am 27. Juni 1941 wurde Auguste zusammen mit ihrer Schwester Ruth in die Zwischenanstalt Herborn und kurze später in die Tötungsanstalt Hadamar verlegt, wo sie beide am 18. Juli 1941 unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit ermordet wurden.
Ihre Mutter erhielt im August 1941 ein offizielles Schreiben, in dem für ihre beiden Töchter ein jeweils anderes Todesdatum angegeben wurde und zwar der 5. und der 8. August (vgl. die Zitate in der Biographie zu Ruth Pinkel). Abgesehen davon hatte sich die Mutter bereits in einem Brief am 25. April 1937 bei der in Eben-Ezer tätigen Oberschwester Alwine Wittmer erkundigt, ob sie etwas über den Verbleib ihrer drei Töchter in der Anstalt Warstein gehört habe, denn „von Warstein haben wir noch keinerlei Nachricht erhalten.“ Und sie fügte hinzu: „Wir waren in letzter Zeit ziemlich in Unruhe, wie Sie ja verstehen werden, und wir werden auch nicht früher ruhig werden, bis wir unsere lieben Kinder in ihrer neuen Heimat besucht haben.“
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 474 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 465 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1941; LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 160.
26.8.1915 – 15.6.1939
Lydia Pinkel wurde am 26. August 1915 in Bochum geboren, war evangelisch getauft und hatte vier Geschwister, von denen zwei bereits in der Kindheit verstorben waren. Lydia litt an Epilepsie und lebte bis zu ihrem sechsten Lebensjahr bei ihren Eltern. Am 22. Februar 1922 wurde sie zusammen mit ihrer etwas jüngeren Schwester Ruth in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Idiotie, Epilepsie“ aufgenommen.
In Eben-Ezer litt sie unter häufig auftretenden epileptischen Anfällen, so dass sie weder die Anstaltsschule besuchen noch eine Tätigkeit in der Einrichtung aufnehmen konnte. In einem Bericht an den Landeshauptmann in Münster schrieb der Anstaltsarzt am 21. November 1929, dass „Anstaltspflege unbedingt erforderlich“ und Lydia „völlig hilflos“ sei. Von einer Sterilisation nahm er im Januar 1935 Abstand, „da die Kranke dauernder Anstaltsverwahrung bedarf und daher keine Fortpflanzungsgefahr besteht.“ Bereits im August 1930 wurde ein „Verdacht auf Lungentbc“ notiert, ohne dass allerdings eine gezielte Behandlung erfolgt wäre.
Zusammen mit ihren beiden Schwestern Auguste und Ruth wurde Lydia Pinkel am 8. April 1937 in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt, wobei für sie nur der Vermerk „ungeheilt“ bekannt ist; in Warstein litt sie wiederholt an Fieberanfällen. Zwei Jahre später verstarb sie dort am 15. Juni 1939 offiziell an „doppelseitiger Lungentuberkulose“; sie wurde am 17. Juni 1939 auf dem Anstaltsfriedhof beigesetzt.
In einem der Bewohnerakte beiliegenden Brief der Mutter an die Oberschwester Alwine Wittmer vom 26. Juni 1939 bedankte sie sich für das Beileid, das die Oberschwester ihr gegenüber anlässlich des Todes ihrer Tochter Lydia ausgesprochen hatte, und stellte ihrerseits fest: „Lydias Krankheit hat ungefähr ½ Jahre gedauert und hat sie besonders die letzte Zeit schwer leiden müssen.“ Darüber hinaus berichtete sie der Oberschwester von einem Besuch in Warstein, wo „alle Lemgoer Kranken … sich in einem Haus“ befänden. Sie hätten sich alle gefreut, als „sie mich sahen und haben mich auch alle wiedererkannt.“
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 332 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 463 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWV-Archiv Hessen in Kassel, Best. Opferdatenbank; LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten).
13.12.1916 – 18.7.1941
Ruth Pinkel wurde am 13. Dezember 1916 in Bochum geboren, war evangelisch getauft und hatte vier Geschwister. Zwei von ihnen starben bereits in der Kindheit, während die überlebende Schwester Lydia, die an Epilepsie litt, noch zu Hause lebte. Zusammen mit ihr wurde Ruth am 22. Februar 1922 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Idiotie“ und „Epilepsie“ aufgenommen.
In Eben-Ezer litt sie wie ihre Schwester Lydia an häufig auftretenden epileptischen Anfällen, so dass sie weder die Anstaltsschule besuchen noch in den anstaltseigenen Werkstätten beschäftigt werden konnte. In einem Stationsbericht von Anfang Januar 1934 wurde sie als „ein reiner Anstalts-, Verwahr- und Pflegefall“ bezeichnet, so dass von einer Sterilisation abgesehen wurde.
Am 8. März 1937 wurde Ruth Pinkel im Alter von 20 Jahren zusammen mit ihren beiden Schwestern Lydia und Auguste in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „Idiotie, Epilepsie“ und „ungeheilt“ verlegt, wo sie vier Jahre mit ihrer jüngeren Schwester Auguste wohnte. Dann wurden beide am 27. Juni 1941 in die Zwischenanstalt Herborn verbracht, in der sie sich nur noch kurze Zeit aufgehalten haben dürften. Denn schon bald erfolgte ihr Verlegung in die Tötungsanstalt Hadamar. Dort wurden sie an demselben Tag – nämlich am 18. Juli 1941 – unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und somit im Alter von 21 und 24 Jahren ermordet.
Der Bewohnerakte von Ruth Pinkel liegt ein Brief ihrer Mutter bei, in der auch auf das Schicksal der beiden Schwestern Lydia und Auguste eingegangen wird. Der Brief ist an die in der Einrichtung Eben-Ezer damals tätige Oberschwester Alwine Wittmer gerichtet und auf den 1. September 1941 datiert. Darin führt die Mutter aus, dass sie ein offizielles Schreiben erhalten habe, aus dem hervorgehe, dass „Ruthchen … am 5ten August und Guthchen am 7ten August“ 1941 gestorben seien, und zwar an der Ruhr, einer hoch infektiösen Darmerkrankung. Darüber hinaus sei ihr in einem früheren Schreiben folgender Vorgang mitgeteilt worden: „Dann bekamen wir wieder Nachricht das die Kinder am 18. Juli durch die Gemeinnützige Krankentransport-GmbH Berlin in eine andere Anstalt verlegt wurden dessen Name und Anschrift Herborn nicht bekannt war. Am 25. Juli bekamen wir von der Anstalt Sonnenschein über Pirna / Elbe Nachricht das die Kinder dort angekommen sind.“ – Nach Aktenlage starben beide Töchter jedoch bereits am 18. Juli 1941 wahrscheinlich unter menschlicher Einwirkung, als sie – laut offiziellem Schreiben – nach Pirna verlegt worden sein sollen.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 333 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 464 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1941; LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 159.
14.3.1913 – 18.7.1941
Erna Postler wurde am 14. März 1913 in Wanne geboren und war evangelisch getauft. Im Alter von acht Jahren erfolgte ihre Aufnahme am 14. Februar 1922 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Idiotie und Epilepsie“.
In Eben-Ezer besuchte sie zwischen 1922 und 1927 die Anstaltsschule, danach wurde sie beim Federnzupfen eingesetzt, um den Federkiel zu entfernen. Für eine Unterbringung in Familienpflege war sie hingegen „völlig ungeeignet“ und im Januar 1934 wurde sie als „ein reiner Pflege- und Verwahrungsfall“ eingestuft; von einer Sterilisation sah der Anstaltsarzt ab.
Drei Jahre später wurde Erna Postler am 8. April 1937 in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „Idiotie, Epilepsie“ und „ungeheilt“ verlegt, wo sie knapp vier Jahre verblieb. Dann wurde sie am 27. Juni 1941 in die Zwischenanstalt Herborn verbracht und wenige Wochen später der Tötungsanstalt Hadamar übergeben, Dort wurde sie am 18. Juli 1941 im Alter von 28 Jahren unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit ermordet.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 331 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 462 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1941; LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 162.
28.3.1908 – 21.8.1941
Walter Rothgänger wurde am 28. März 1908 in Berlin geboren, war evangelisch getauft und hatte noch zwei Geschwister. Walter wurde am 24. September 1923 im Alter von 15 Jahren in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Schwachsinn“ aufgenommen.
Nachdem er in Eben-Ezer am 16. Mai 1926 konfirmiert worden war, wurde er 1928 in der Gärtnerei eingesetzt, sodann 1932 in der Bürstenmacherei, Stuhlflechterei und Mattenflechterei beschäftigt. Begleitend zu diesen Tätigkeiten nahm er zwischen 1929 und 1933 am Unterricht in der Fortbildungsschule teil und wurde dort auch von dem Schuldirektor einem Intelligenztest unterzogen. Für einen Einsatz in der Familienpflege kam er wegen geringer Arbeitsleistung nicht in Frage, denn sie bewege sich „zwischen Anstaltstüchtigkeit und Verwahrfall“, wie es in einem Stationsbericht vom 14. Juni 1935 heißt. Abgesehen davon nahm der Anstaltsarzt von einer Sterilisation Abstand.
Am 8. April 1937 erfolgte die Verlegung Walter Rothgängers in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein, wobei ihm „Imbezillität“ und „ungeheilt“ bescheinigt wurde. In Warstein verbrachte er vier Jahre, um dann am 14. Juli 1941 in die Zwischenanstalt Weilmünster verlegt zu werden. Schon kurze Zeit später erfolgte seine erneute Verlegung in die Tötungsanstalt Hadamar, wo er am 21. August 1941 unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit im Alter von 33 Jahren ermordet wurde.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 407 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 510 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1941; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 365.
5.5.1913 – 17.7.1941
Edmund Schäfer wurde am 5. März 1913 in Spengawsken in Westpreußen geboren, war evangelisch getauft und hatte vier Geschwister. Nach Auskunft eines ärztlichen Gutachtens vom 27. November 1922 soll er sich „in den ersten Lebensjahren … normal entwickelt haben, verlor dann aber im ersten Schuljahr die Sprache“.
Wann seine Familie von Spengawsken nach Neubeckum umgezogen war, ist nicht bekannt. Am 10. April 1923 wurde er im Alter von zehn Jahren der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Athetose double“ übergeben; es handelt sich dabei um eine gravierende Bewegungsstörung an Händen und Füßen. In diesem Zusammenhang wurde immerhin ausdrücklich festgestellt, dass bei ihm „indes keine Idiotie“ vorliege.
In Eben-Ezer besuchte er die Anstaltsschule zwischen 1928 und 1932. Eine Entlassung in das Elternhaus wurde 1931 zwar erwogen, aber die Mutter sah sich hierzu wegen der starken Pflegebedürftigkeit ihres Sohnes außerstande. In der Einrichtung wurde er vorübergehend in der Mattenflechterei eingesetzt.
Am 8. April 1937 erfolgte die Verlegung Edmund Schäfers in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den beiden Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“. Nach einem vier Jahre währenden Aufenthalt in Warstein fand am 27. Juni 1941 erneut eine Verlegung in die Zwischenanstalt Herborn statt, von wo er bald darauf der Tötungsanstalt Hadamar übergeben wurde. Im Alter von 28 Jahren wurde er dort am 17. Juli 1941 unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit ermordet.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 402 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 509 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1941; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 45.
2.8.1914 – 14.8.1941
Emil Tüllmann wurde am 2. August 1914 in Leithe bei Wattenscheid geboren, war evangelisch getauft und hatte drei Geschwister. Sein Vater war bis 1935 als Bergmann beschäftigt, als er einen Unfall erlitt, so dass er nicht mehr arbeiten konnte. Am 20. Oktober 1921 wurde Emil in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „exogener Schwachsinn“ und „symptomatische Epilepsie“ aufgenommen.
In Eben-Ezer besuchte er weder die Anstaltsschule noch ging er einer Tätigkeit in einer der anstaltseigenen Werkstätten nach. In einem Bericht vom 12. Mai 1933 heißt es, dass er „ein tiefer Idiot“ sei, „der zu keiner Beschäftigung angehalten werden konnte.“
Am 8. April 1937 wurde Emil Tüllmann in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein mit den Vermerken „Idiotie und Epilepsie“ sowie „bildungsunfähig, ungeheilt“ verlegt, wo er gut vier Jahre verbrachte. Danach erfolgte am 2. August 1941 seine Verlegung in die Zwischenanstalt Weilmünster, um dann nur knapp einen Monat später in der Tötungsanstalt Hadamar am 14. August 1941 unter dem Einsatz von Kohlenmonoxyd erstickt und damit im Alter von 27 Jahren ermordet zu werden.
Quellen: Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Männer, Nr. 363 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 137); Entlassbuch Männer, Nr. 507 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 140); LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste 1941; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 331.
10.7.1904 – 16.11.1944
Karoline Uhle wurde am 10. Juli 1904 in Westheim im Kreis Büren geboren, war evangelisch getauft und hatte zwei Geschwister, nämlich die deutlich jüngere Schwester Maria und den ebenfalls jüngeren Bruder Karl.
Ihr Vater litt an Epilepsie und ihre Mutter soll „schwachsinnig“ gewesen sein; letztere verstarb zwischen 1916 und 1919. Ihre älteste Tochter Karoline wurde am 2. November 1916 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „Schwachsinn“ aufgenommen.
In Eben-Ezer war Karoline Uhle vor allem in der Schälküche beschäftigt, verrichtete zudem des Morgens Hausarbeit und zeigte auch Interesse an Zimmermannsarbeiten. Besonders erwähnenswert scheint „ihr ausgesprochenes Zahlengedächtnis“ gewesen zu sein. Denn am 9. August 1934 wird berichtet: Sie „weiss die Geburtstage der meisten Pfleglinge und des Personals auswendig“ und sie „spricht schon tagelang vorher davon.“ Trotzdem wurde sie im März 1936 „im grossen und ganzen als Verwahrfall“ beurteilt und auch nicht nach Hause zu ihrem Vater entlassen, da dort „keine weibliche Person“ mehr anwesend sei. Von einer Sterilisation sah der Anstaltsarzt ab, während ihre am 3. September 1929 in Eben-Ezer aufgenommene, 13 Jahre alte Schwester Maria am 9. Oktober 1934 auf Veranlassung des Erbgesundheitsgericht Arnsberg sterilisiert wurde; daher konnte sie vorübergehend in Familienpflege gegeben werden. Infolge dieser Entscheidung blieb ihr das Schicksal ihrer Schwester Karoline erspart und überlebte das NS-Regime.
Karoline und Maria Uhle wurden am 8. April 1937 in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt, Karoline mit den Vermerken „Idiotie“ und „ungeheilt“, Maria mit den Vermerken „Imbezillität“ und „ungeheilt“. Dort verbrachte Karoline vier Jahre, wo sie leichte Hausarbeit verrichtete und in der Schälküche tätig war. Zwar erwog man in Warstein am 25. März 1939 ihre Sterilisation, es wurde letztlich aber kein Antrag gestellt. Darüber hinaus wurde sie im anstaltseigenen Laboratorium eingehend untersucht. Am 17. Juli 1941 wurde sie der Zwischenanstalt Weilmünster übergeben, wo sie drei Jahre verbrachte, bevor Karoline im August 1944 in die Tötungsanstalt Hadamar verlegt wurde. Dort verstarb sie am 16. November 1944 im Alter von 40 Jahren offiziell an „Lungenentzündung“; eine menschliche Einwirkung kann bisher nicht ausgeschlossen werden. Ihre Beisetzung fand am 20. November 1944 statt.
Ihr Bruder Karl war nicht über ihren Tod informiert worden. Er hatte seit 1943 nichts mehr von seiner Schwester Karoline gehört, so dass er befürchtete, sie könne „im Zuge der seinerzeit nationalsozialistischen Maßnahmen umgekommen“ sein. Deshalb beauftragte er einen Rechtsanwalt mit der Recherche nach ihrem Verbleib, der sich seinerseits mit der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer am 13. Juni 1959 in Verbindung setzte. Der damalige Anstaltsleiter Herbert Müller antwortete ihm am 19. Juni 1959, dass seine Schwester Karoline am 8. April 1937 in die „Landesheil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt“ worden sei. Er empfahl dort nachzufragen und schloss seinen Brief mit den Worten: „Vielleicht ist es ihnen möglich, über ihren weiteren Verbleib etwas Näheres zu erfahren.“
Ihre 17 Jahre jüngere Schwester Maria überlebte hingegen das NS-Regime in der Anstalt Warstein und wohnte dort bis Anfang Dezember 1955. Dann soll sie in die Landesheilanstalt Münster verlegt worden sein, wo sie nach den bisherigen Recherchen wahrscheinlich noch Mitte der 1970er Jahre wohnte.
Quellen: Verzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (AEE, Best. Bewohnerakten, Nr. 285); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 279 (AEE, Best. Verwaltung Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 456 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWV-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten), Best. 658 (Klinik Münster), Patientenakten, Nr. 291; LWV-Archiv Kassel, Best. Opferdatenbank: Opferliste: 1942-1945; Gedenkstätte Hadamar, Best. Akten, Nr. 2084; Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 485; Hadamar, Gedenkstätte, Nr. 2084.
5.5.1890 – 22.4.1944
Wilhelmine Zumbansen wurde am 5. Mai 1890 in Gütersloh geboren, war evangelisch getauft und hatte dort wahrscheinlich die Volksschule besucht. Im Alter von 14 Jahren wurde sie im Juni 1904 der evangelischen Pflege- und Erziehungsanstalt für Schwachsinnige Wittekindshof bei Bad Oeynhausen übergeben, wo sie als „Fürsorgezögling“ bis Mitte Oktober 1908 wohnte und wahrscheinlich auch konfirmiert wurde.
Über ihren Aufenthaltsort in den folgenden sechs Jahren ist nichts bekannt. Als sie am 30. Dezember 1914 in der evangelischen Pflegeeinrichtung Eben-Ezer in Lemgo mit der Diagnose „angeborener Schwachsinn“ aufgenommen wurde, war ihre Mutter bereits verstorben, während ihr Vater zwar noch lebte, sie aber nicht bei sich wohnen lassen wollte. Ihr wahrscheinlich älterer Bruder, der an „Schwachsinn mit Epilepsie“ gelitten haben soll, scheint in den Anstalten von Bethel bei Bielefeld untergebracht gewesen zu sein, wo er um 1930 verstarb. Ihre Schwester soll bei einem Gärtner beschäftigt gewesen sein.
In Eben-Ezer war Wilhelmine seit 1929 in der Schäl- und in der Waschküche tätig. Wiederholte Anfragen der zuständigen Behörden nach Möglichkeiten ihres Einsatzes in Familienpflege beurteilte der Anstaltsarzt negativ, so dass er auch ihre Sterilisation als nicht erforderlich einschätzte.
Am 8. April 1937 wurde Wilhelmine Zumbansen mit den beiden Vermerken „angeborene Imbezillität“ und „ungeheilt“ in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein verlegt, wo sie bis zum 22. Juli 1941 verblieb, als sie in die Zwischenanstalt Weilmünster verbracht wurde. Wann sie schließlich in die Tötungsanstalt Hadamar abtransportiert wurde, ist nicht bekannt. Sie starb dort am 22. April 1944 im Alter von 54 Jahren höchst wahrscheinlich unter menschlicher Einwirkung; ihre Todesursache ist bisher nicht bekannt.
Quellen: Archiv der Diakonischen Stiftung Wittekindshof, Best. Patientenakten, Nr. 841; Unverzeichnete Bewohnerakte Eben-Ezer in Lemgo (Altregistratur, Keller der Hauptverwaltung); Aufnahmebuch Frauen, Nr. 259 (AEE, Best. Verwaltung Nr. 136); Entlassbuch Frauen, Nr. 454 (AEE, Best. Verwaltung, Nr. 141); LWL-Archiv Münster, Best. 660 (Warstein, Bewohnerakten); Treise Kapelle in Warstein, Gedenktafel, Nr. 525.